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26. August 2016
Weinrallye #101
Herzensweine
Ausgerichtet Paul Truszkowski auf dem Blog Drunkenmonday
"Man sieht nur mit dem Herzen gut..."
von Peter Züllig
Ein Dreikäsehoch war ich, als ich meinem Lieblingswein zum ersten Mal begegnet bin. Natürlich war es nicht der Wein, – von alkoholischen Getränken wurde ich noch viele Jahre ferngehalten - sondern eine «Lichtgestalt», mit der der Wein (für mich) verbunden war, mit dem Gnadenbild der «schwarzen Madonna» in Einsiedeln (auf dem Bild die falsche Flasche, dies war mir damals egal, Flasche ist Flasche!). Ich war überzeugt, dass die «heilige Jungfrau» den Wein selber in die Flasche füllt und nun an alle «guten Menschen» verteilt. «Leutschner» heisst der Wein und kommt von der "Leutsch", einem alten Rebberg über dem Zürichsee, der seit Jahrhunderten vom Kloster Einsiedeln bewirtschaftet wird.
Ein einfacher Spätburgunder – «Landwein» würde man sagen -, der sich – eingebettet in den Mythos eines barocken Klosters – zu himmlischen Dimensionen erheben kann. «Sag an, wo ist dein Vaterland, ist’s Limmatthal, der Rhone Strand? Verzeiht Ihr Welschen und Ihr Deutschen, ich bin von hier, ein Schwyzer, ab der Leutschen», steht noch heute auf der Etikette, gedichtet von Pater Benedikt Morel (1803-1882), dem einstigen Bibliothekar des Klosters.
Ich begegnete der Weinwelt in Frankreich, wo wir auf der Treppe des Trocadéro billigen Südfranzosen (oder noch billigerern Algerier) tranken; in der Toskana, wo wir den Wein in Kanistern von den Weinbauern bezogen; am Genfersee, wo die Landschaft noch schöner ist, als der Wein; in Spanien, wo mein Freund Felice eine «Höhle» zum Wohnhaus ausbaute; im Burgund, wo ich nach jedem Besuch (ist ja nicht so weit weg!) verwirrter war als zuvor; in Bordeaux, wo so manche Flasche zum Vermögen wurde…
All dies – und noch einiges mehr – konnte mir nichts antun: Der «Leutschner» blieb mein Herzenswein. Natürlich hat er – wie in fast jede Weingutsgeschichte – auch Höhen und Tiefen erlebt. Er wurde aus dem Kloster ausgelagert – und dann wieder zurückgeholt; er wurde auf viel Holz gelegt und das Holz wieder weggenommen; er erlebt mit einer neuen Kellerei im Kloster eine Renaissance (und ein beachtliches Niveau), aber unter anderen Namen, mit anderen (auch klostereigenen) Trauben.
Der "klassische" Leutschner aber, ein ausgezeichneter Hauswein, wird nicht mehr im Kloster gekeltert. Vom Kloster geblieben sind nur der Sinnspruch auf der Etikette und die Region, aus der die Trauben kommen, eben von der "Leutsch".
Trotzdem verbinde ich den Wein noch heute mit dem der Madonna und dem barocken
Kloster in Einsiedeln.
Der erste Wein, den ich von meinen Mitarbeitern – als Dankeschön - erhielt, war ein Karton Leutschner. So wurden meine Weinkenntniss damals eingeschätzt. Später hat sich niemand mehr getraut, mir «nur» Leutschner anzubieten oder gar zu schenken – unter 90 Parkerpunkten war ja "ohnehin alles Schrott" – und je mehr ich über Weine schrieb, diskutierte, Weine degustierte, natürlich auch trank, desto lieber wurde mir mein Herzenswein.
Die Klosterrebberge befinden sich in Freienbach am Zürichsee, Kanton Schwyz.Der Rebbesitz in der Leutschen beträgt circa 8 Hektaren. Diese Rebberge
wurden 1562 vom Kloster gekauft und später noch erweitert. 1762 erbaute man mitten im das Leutschenhaus. Darin befindet sich noch heute ein barocker Keller mit Holzfässern und eine alte Baumtrotte, die bis 1962 im Einsatz stand.
Doch der "klassische" Leutschner wird hier nicht ausgeschenkt. Auch die Strahlenfrau Maria hat ihre Konkurrenz - einen Weinhändler und Kelterer in Freienbach führt den Leutschner längst in eigener Regie (die Leutsch ist eben grösser als die 8 Klosterhektaren), baut ihn aus und vermarktet ihn als "Leutschner".
Der Wein lässt sich nicht einordnen in die Balance von guten und weniger guten Weinen in meinem Keller. Er hat eine Sonderstellung, wie jede Liebe eine Sonderstellung hat. Er steht auf dem Podest – direkt neben der strahlenden Madonna,- mein Herzenswein.
Will nun noch jemand wissen, wie er wirklich ist? Sensorische Notizen? Einschätzungen oder Einordnungen? Spontanurteile? Nichts zu machen: dem Herz sind Punkte – schon gar Parkerpunkte – fern; dem Herzen kommt man nicht – mit noch so schönen Beschreibungen – bei; man muss Weine erleben, berühren, mit ihm auch eine Geschichte teilen, die er in sich trägt, denn – so banal es ist – «man sieht nur mit dem Herzen gut».
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Ein lauer Sommerabend. Wir waren verliebt.
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Unterwegs zu den Herzensweinen
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"You're my heart, you're my soul …"
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Andreas Tscheppe und die grüne Libelle
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"Man sieht nur mit dem Herzen gut...."
24. August 2016
Morgen:
Weinrallye #101
Morgen ist die Liebe untersegs. Die
Liebe zum Wein. Ein wunderschönes Thema, das sicher alle Weinliebhaber anspricht: Herzensweine. Berichte über einen Wein, der dir nahe geht, begeistert, rührt,
erfreut. Mitmachen (auch als
Gast!)
https://
17. August 2016
Vorankündigung:
Gastbeiträge sind Freitag, 29. Juli 2016
Herzlich willkommen ! Ausgerichtet Paul Truskowski
auf dem Blog Drunkenmonday
"Es soll um Erfahrungen gehen, bei denen dir das Herz aufgeht. Zum Beispiel ein besonderes Erlebnis, dass du mit deinen Liebsten hattest und ein Wein dabei im Spiel war. Oder eine Reise / Erfahrung, an die du dich gerne bei einem bestimmten Wein erinnerst. Oder vielleicht auch eine Reise, die erst ansteht – zum Beispiel Süd Afrika – und ein bestimmter Wein dich jetzt schon darauf einstimmt. Oder einfach ein Wein, der dir nahe geht, begeistert, rührt, erfreut. Was auch immer dir dazu einfällt: Teile mit uns deine Herzenswein Geschichte."