Bruno Wigger

27. Februar 2019

 

In Memoriam Bruno Wigger

 

Erinnerungen sind da, erinnert zu werden und zwar nicht erst dann, wenn nur noch die Erinnerung da ist, wenn ein erinnerter Mensch abgetreten ist – wie sagt man – von der Bühne des Lebens. Bruno ist abgetreten und wir – zumindest jene, die im nicht ganz so nahe standen, haben es erst jetzt, vierzehn Tage nach seinem Tod erfahren.

 

Wir wussten zwar, dass er schon seit einiger Zeit leidet, krank ist, dass er, der Unermüdliche seine Runden drehen konnte, seine Runden durch die Brockenstuben und Antiquariate: «Ich sehe ihn ständig vor mir; ein Buch in der Hand, seine Brille vorne auf die Nase gesetzt, dann wusste ich - jetzt hat er etwas Interessantes gefunden», sagt einer seiner Freunde, Hans Weiss, der Antiquar in Flawil. «Jahrelang haben wir jeweils samstags zusammen Brockenstuben abgeklopft auf der Suche nach seltenen Büchern, wobei ich von seinem grossen Wissen auf verschiedenen Gebieten, speziell aber in Sachen Karl May profitieren konnte».

Eine Fotomontage, wie sie mir Bruno oft für meine Website zusammengestellt hat
Eine Fotomontage, wie sie mir Bruno oft für meine Website zusammengestellt hat

Viele von uns haben ihn so erlebt, wenn irgendwo in seinem Gesichtsfeld Bücher auftauchten, besonders alte Bücher oder Schriften. Er wurde nicht laut – jedenfalls habe ich ihn nie laut erlebt – aber plötzlich gesprächig. Er, der Stille, begann zu erzählen, kramte in seinem Wissen, in seinen Erinnerungen, wusste über Vieles, vor allem Historisches Bescheid. Ich habe ihn erst in den letzten gut 12 Jahren kennengelernt. Wenn die Schweizer Karl-May-Freunde unterwegs waren, sei es in der Schweiz, in Deutschland oder Österreich war er mit dabei. Wo es etwas zu erfahren und zu erforschen gab, wurde er lebendig, auch gesprächig und auch – wenn man Interesse zeigte – unglaublich herzlich. Nochmals Hans Weiss: «Bruno war für mich ein lieber, treuer und aufrichtiger Freund.»

Da ich Bruno eigentlich selten sah und erlebte – am längsten bei Reisen zu KM-Anlässen im Ausland – war er für mich einfach der treue, interessierte Kumpan mit dem ich vor allem über Filme und das Fotografieren sprach. Dann einmal, wir sind zu zweit von einer Vorführung von «Der Schatz im Silbersee» zurück nach Luzern gefahren, da erlebte ich Bruno, wie er von seinen Freunden immer wieder erinnert wird: «Mit ihm gab es immer viel zu diskutieren über Bücher, Autoren, Fotografie, Filme etc. Leider ist das nun alles endgültig vorbei…»

 Zum ersten Mal merkte ich, dass es ihm gesundheitlich nicht mehr so gut ging. Auf der Heimfahrt vom Karl-May-Kongress in Radebeul, sagte er: «Dies ist der letzte Kongress, das nächste Mal bin ich nicht mehr dabei.» Tatsächlich, was ich mir eigentlich nicht vorstellen konnte, die nächsten Male war er nicht mehr dabei. Und es fehlte etwas auf diesen Reisen.

Noch viel mehr hat mich sein Anruf getroffen: «Peter, kommst du mal vorbei. Ich trenne mich von vielen meiner Bücher.» Ein ähnlicher Anruf wie von Willi Olbrich, ein paar Wochen vor seinem Tod. Ich habe bei solchen «Notrufen» Mühe, will es nicht wahrhaben, kann es nicht glauben, verschliesse die Augen… und reagiere erst nach einiger Zeit. Dann, wenn ich sehen muss – wie bei Bruno – dass er sich von all seinen vielen Trouvaillen verabschiedet und getrennt hat. Natürlich kam auch einiges davon in meine Sammlung.

 

Eine Fotomontage, wie sie mir Bruno oft für meine Website zusammengestellt hat
Eine Fotomontage, wie sie mir Bruno oft für meine Website zusammengestellt hat

Die letzte Erinnerung an Bruno ist ein Bild, das er mir elektronisch zum neuen Jahr geschickt hat, mit den besten Grüssen und Wünschen. Meine Antwort: «Schön, wieder einmal von Dir zu hören…» Eigentlich hätte ich schreiben sollen, was Graziella Gander – wie Bruno, eine der Mitgründer der Schweizer Karl-May-Freunde – als Antwort auf die Todesnachricht schrieb: «All unsere Zusammenkünfte werde ich nicht vergessen. Dein umfangreiches Wissen, nicht nur über Karl May, erstaunte mich immer wieder. Bruno du wirst mir unvergesslich bleiben.»

 

Das hätte ich ihm schreiben sollen, schreiben wollen – nicht in der Vergangenheitsform wie heute. In der Gegenwart, in der Erinnerung, nicht erst am Grab.                                                                       Peter Züllig